UPDATE: Marco Pagano hat uns geantwortet. Sein Schreiben findet Ihr unten.
Lieber Marco Pagano,
sicherlich hast Du bereits von unserer Initiative, #ratherseefrei, gehört. Wir sind ein loser Verbund von engagierten Bürger*innen, Naturschützer*innen und Freiheitsliebenden, die sich gemeinsam für eine Alternative zur Wasserskianlage am Rather See einsetzen.
Wir wünschen uns einen sauberen See, der der Naherholung der Anwohner*innen und dem Naturschutz dient. Eine Wasserskianlage, die pro Tag bis zu 5.000 überregionale Besucher*innen anlocken soll, lehnen wir ab.
Wir schreiben Dich an, weil wir hoffen, dass Du Dich in Deiner Funktion als Beziksbürgermeister mit unseren Argumenten auseinandersetzt. Wenn Du möchtest, veröffentlichen wir unter diesem Brief auch Deine Stellungnahme auf unserer Seite.
Unsere Argumente
Klüngel in der Stadtverwaltung
Wir haben den Eindruck, dass hinter dem Vorhaben der Wasserskianlage viel geklüngelt wird. Das Prestigeprojekt der CDU wird vom Stadtplanungsamt vor der Einmischung Dritter geschützt, wo es geht. Wichtige Gutachten werden Naturschützer*innen vorenthalten, obwohl laut Gesetz ein Anspruch auf Einsichtnahme besteht. Nichteinmal die Fürsprache der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit konnte das Stadtplanungsamt von der Herausgabe überzeugen. Am Telefon teilte das Stadtplanungsamt uns mit, eine Herausgabe der Gutachten gefährde das Bebauungsplanverfahren. Was will man dort verheimlichen? Vielleicht, dass der Untersuchungsrahmen der beiden Artenschutzprüfungen mangelhaft ist, weil einige Tier- und Pflanzenarten nicht untersucht wurden, so wie es die Stellungnahme des BUND nahelegt?
Verkehrskollaps
Auf dem Frühjahrsempfang der SPD in Rath/Heumar kündigte die Partei an, die Verkehrsbelastung des Ortes zu verringern. Wie steht das im Einklang mit einem solchen Großprojekt? Alleine auf der Rösrather Straße werden an normalen Tagen 2.138 zusätzliche Fahrbewegungen erwartet. An Spitzentagen werden es sogar an die 3.200 Fahrbewegungen – das sind mehr als vier Fahrzeuge pro Minute (und das nur, wenn sich der Verkehr gleichmäßig über die Öffnungszeit verteilt).
Schon jetzt steht die Rösrather Straße im Berufsverkehr täglich am Rande ihrer Kapazität. Was wird dagegen unternommen, wenn sich das Problem durch die Wasserskianlage noch verschärft? Eine Abbiegespur alleine verringert den Verkehr nicht!
Ein exquisites Badevegnügen
Eine Wasserskianlage stellt definitionsgemäß keine Naherholung dar, wenn sie auf überregionalen Besuch angelegt ist. Welchen Nutzen ziehen die Anwohner*innen aus dem Projekt? Viele sozial schwache Familien werden sich den Eintritt nicht leisten können und sind von der Nutzung ausgeschlossen.
Die Wasserskianlage lockt Leute aus Köln und Umgebung an, die es sich leisten können, aber viele Menschen aus dem Umfeld bleiben dabei auf der Strecke.
Kommerz gegen Natur
Trotz der illegalen Nutzung durch circa 300 Personen (an schönen Sommertagen), ist der Rather See ein einmaliges und artenreiches Biotop. Für Zugvögel stellt er einen der bedeutendsten Rastplätze in Köln dar. Die intensive Nutzung des Sees durch den Betrieb einer Wasserskianlage, mit bis zu 5.000 Besucher*innen pro Tag, gefährdet diesen Rückzugsort der Natur erheblich – das befürchtet übrigens auch der BUND.
Unsere Vision
Wir würden uns einen See wünschen, der den Anwohner*innen als Ort der Naherholung dient und gleichzeitig genügend Rückzugsräume für die Natur bereitstellt.
Um dies zu erreichen, fordern wir die Stadt Köln dazu auf, den Bebauungsplan für die Wasserskianlage nicht zu genehmigen und die Eigentümer*innen vor die Wahl zu stellen, den See zu renaturieren oder ihn an die Stadt zu verkaufen. Sollte die Stadt den See erwerben, könnte sie den Zutritt nach dem Vorbild des Rotter Sees legalisieren, Müllbehälter aufstellen und durch eventuelle Pachteinnahmen, beispielsweise durch die Verpachtung der Fischereirechte an einen Angelverein, die Unterhaltskosten refinanzieren.
Wir hoffen, unsere Argumente konnten Dir unser Anliegen etwas verständlicher machen. Wir freuen uns auf Deine Antwort!
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Kuzina & Marc Michalsky
für #ratherseefrei
Antwort von Marco Pagano
»Lieber Ralf Kuzina,
lieber Marc Michalsky,
vielen Dank für Eure Nachricht. Ich kann Euch versichern, dass ich mich seit 2009 – als ich neugewählt in die Bezirksvertretung Kalk gemeinsam mit meiner Fraktion in einer ersten Anfrage bereits die künftige Entwicklung des Geländes anstieß – sehr intensiv mit den verschiedenen Argumenten auseinandergesetzt habe.
Wie ich bereits beim von Euch angesprochenen Frühjahrsempfang der SPD in Rath/Heumar gesagt habe, gibt es in den angrenzenden Stadtteilen Rath/Heumar, Brück und Neubrück eine durchweg gespaltene Position zu diesem Thema. Es gibt Befürworter, Gegner und – auch die gibt es – Gleichgültige, denen das Thema ziemlich egal ist. Grundsätzlich habe ich persönlich auch seit Jahren eine klare Position zu diesem Projekt: Ich halte die geplante Entwicklung am Rather See für eine Chance und auch für eine Aufwertung. Ich habe ebenfalls schon oft gesagt, dass ich den Status quo – nämlich das illegale Baden auf Privatgelände und den vermeintlichen Anspruch hierauf – nicht teile.
Für mich ist aber auch klar: Es wird durch das Bebauungsplanverfahren klare Vorgaben hinsichtlich Verkehr und Umwelt-/Naturschutz geben. Diese muss ein Eigentümer/Investor einhalten. Ansonsten wird es natürlich keine Entwicklung geben.
Die Vorwürfe, es würden Gutachten der Öffentlichkeit vorenthalten, kann ich persönlich und auch aktuell nicht nachvollziehen. Nach meinem Kenntnisstand sind sämtliche Gutachten in der formalen Offenlage ausgestellt worden. Das nun Informationen nicht rausgegeben werden wäre mir neu.
Beste Grüße,
Marco Pagano«